Urwaldartiger Alteichenbestand im Schlosspark. Foto: J.Schmidl

Eingestellt:22.07.2020
Ort: Pommersfelden

Pommersfelden

Park von Schloss Weissenstein: Urwaldreliktstandort für baumbewohnende Insekten

Pommersfelden. Xylobionte (holzbewohnende) Käfer sind eine wichtige Indikatorgruppe für Waldökosysteme, die neben der aktuellen Bestandsqualität (Totholzmengen, Strukturen, Zusammensetzung) auch historische Aspekte wie Standorttradition und das kontinuierliche Vorhandensein von Altbäumen der verschiedenen bestandstypischen Arten als Habitate anzeigen.

Holz war bei uns unter den natürlichen Verhältnissen einer Wald-Urlandschaft das allgegenwärtigste organische Substrat. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass etwa ein Viertel (ca. 1400 Arten) aller in Mitteleuropa nachgewiesenen Käferarten an diesen Lebensraum angepasst ist. Durch den Strukturreichtum und die vielfältigen Zersetzungszustände ergibt sich in Totholz für ein breites Spektrum von Lebensformen eine große Zahl ökologischer Nischen.
Käfer spielen dabei sowohl hinsichtlich des natürlichen Abbaus von Totholz als auch in der Schaffung von Sekundärstrukturen (z.B. Bohrgänge, Mulm) eine dominante Rolle. Sie bereiten das Substrat für eine Besiedlung durch weitere Tiergruppen (z.B. Wildbienen!) auf und tragen durch einen hohen Spezialisierungsgrad und ihre oft spezifischen Besiedlungsabfolgen wesentlich zu den sehr komplexen ökologischen Beziehungsgefügen totholzreicher Baumbestände bei.

Im Park von Schloss Weissenstein mit seinen vielen Methusalembäumen und insbesondere den vielen imposanten Alteichen wird deshalb derzeit von Dr. Jürgen Schmidl (Nürnberg) und Nicola Grasse (Pommersfelden) mittels sogenannter Flugfensterfallen und Handfang die lokale Fauna dieser Käfergruppe erforscht. Unterstützt wird diese Untersuchung vom Bund Naturschutz e.V. aus dem Naturschutz gewidmeten Mitteln aus den Erlösen der Glücksspirale. Mit großem Interesse unterstützt auch die Familie der Grafen von Schönborn-Wiesentheid als Eigentümerin des Parks das Projekt und ist schon gespannt auf die Ergebnisse. Alle Schönborn‘schen Betriebe (Wein, Forst, Teichwirtschaft) werden biologisch geführt und so ist es ein großes Anliegen von Graf und Gräfin Schönborn-Wiesentheid auch den Park von Schloss Weissenstein mit seiner großen Artenvielfalt zu erhalten und sich für derartige Projekte einzusetzen.

Besonderes Hauptaugenmerk liegt dabei auf sogenannten Urwaldreliktarten, also Arten, die innerhalb Deutschlands nur noch reliktäre Vorkommen haben und eine hohe Bindung an die Kontinuität der Strukturen der Alters- und Zerfalls-phase bzw. Habitattradition eines Baumbestandes besitzen. Solche Arten sind in den kultivierten Wäldern Mitteleuropas am Verschwinden oder bereits ausgestorben. Aber auch nach „Großwild“ wie dem seltenen Hirschkäfer, eine auf europäischer Ebene geschützte allseits bekannte Käferart, wurde bereits erfolgreich „gefahndet“!